Videoüberwachung von Haus und Grund

Auf vielen Privatgrundstücken und in zahlreichen Wohnhäusern finden sich mittlerweile Videokameras, die unterschiedlichen Zwecken dienen können: Manche Betreiber wollen prüfen, welche Besucher kommen, andere das vermeintliche Fehlverhalten von Nachbarn dokumentieren. Erleichtert wird diese Entwicklung durch oft günstige und einfach zugängliche Angebote von entsprechenden Vorrichtungen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) macht auch in diesem Bereich Änderungen erforderlich.

Ob die von der Nachbarin oder dem Nachbarn betriebene Videoüberwachung zulässig ist, hängt zunächst von der Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung ab. Die Videoüberwachung als Datenverarbeitung unterliegt nur dann den Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung, wenn öffentlich zugängliche Räume beobachtet werden und dies nicht ausschließlich zu privaten Zwecken geschieht. Den privaten Bereich verlässt eine Videoüberwachung unter anderem dann, wenn Aufnahmen oder Bilder frei zugänglich im Internet einsehbar sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, dann ist die DS-GVO nicht anwendbar. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Videoüberwachung damit zulässig wäre. Vielmehr müssen die Zivilgerichte über die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung entscheiden.

Die Videoüberwachung ist als Datenverarbeitung dann zulässig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und die entgegenstehenden Interessen der betroffenen Personen oder Grundrechte und Grundfreiheiten dem nicht überwiegen (gem. Art. 6 Abs.1 Buchstabe f DS-GVO). Berechtigte Interessen des Verantwortlichen umfassen alle rechtlichen, wirtschaftlichen, tatsächlichen oder ideellen Interessen. Dabei muss das Interesse hinreichend konkret vor Beginn der Datenverarbeitung gefasst werden. Berechtigt ist dieses Interesse nur dann, wenn es nicht gegen die datenschutzrechtlichen Grundsätze aus Art. 5 Abs. 1 DS-GVO, wie zum Beispiel dem Grundsatz der Verarbeitung nach Treu und Glauben verstößt.

Die Videoüberwachung muss außerdem zur Zweckerreichung erforderlich und geeignet sein. Dies ist nicht der Fall, wenn alternative Maßnahmen, die nicht oder weniger tief in das Recht auf Schutz personenbezogener Daten eingreifen, im konkreten Einzelfall existieren und den Zweck der Videoüberwachung ebenfalls erreichen würden.

Eine Videoüberwachung des eigenen, allein genutzten Grundstücks ist grundsätzlich zulässig. Diese Maßnahme ist von der Wahrnehmung des Hausrechts gedeckt, welches als ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO anzusehen ist. Die Beobachtungsbefugnis des Hausrechtsinhabers endet jedoch grundsätzlich an den Grundstücksgrenzen. Die Videoüberwachung darf somit nicht zur Folge haben, dass öffentlicher Raum, wie zum Beispiel Gehwege oder Straße, und das Grundstück des Nachbarn nebenbei mitüberwacht werden.

Im Rahmen der Interessenabwägung sind von dem Verantwortlichen der Videoüberwachung die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person im Einzelfall zu berücksichtigen. Entscheidend ist dabei, ob die Videoüberwachung in bestimmten Bereichen der Sozialsphäre typischerweise akzeptiert oder abgelehnt wird. In der Regel nicht zu erwarten und in diesem Zusammenhang daher nicht akzeptiert ist die Videoüberwachung zum Beispiel im Nachbarschaftskontext sowie in Individualbereichen wie Wohnen, Sportausübung/Fitness oder ärztlichen Behandlungs- und Warteräumen. Ausnahmslos nicht akzeptiert ist die Videoüberwachung in Sanitär- und Saunabereichen.

Ebenso muss die Erforderlichkeit einer Videoaufzeichnung gesondert geprüft werden. Zentral ist dabei die Frage, ob eine grundsätzlich zulässige Videoüberwachung (und -aufzeichnung) an allen Tagen rund um die Uhr erfolgen muss oder ob angesichts der Erkenntnislage eine zeitlich eingeschränkte Beobachtung und Aufzeichnung genügt, zum Beispiel wenn eine Gefahr nur in den Abend- oder Nachtstunden bzw. am Wochenende droht.

Bei Videoaufzeichnungen muss sich auch die Speicherdauer strikt am Grundsatz der Erforderlichkeit orientieren. Sofern es sich um eine datenschutzrechtlich zulässige Videoüberwachung handelt, wird eine Speicherdauer von bis zu 48 Stunden für zulässig, aber auch ausreichend angesehen. Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Überwachungszwecks nicht mehr erforderlich sind.

Die Hinweispflichten wurden mit Geltung der Datenschutz-Grundverordnung erweitert. In diesem Zusammenhang muss der Verantwortliche die Informationspflichten gem. Art. 13 DS-GVO beachten. Die Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder empfehlen dabei die Nutzung eines vorgelagerten Hinweisschildes, mit der die betroffene Person informiert wird, bevor sie den videoüberwachten Bereich betritt und ein nachgelagertes Informationsschild, zum Beispiel in Form eines Aushangs im videoüberwachten Bereich. Ein Beispiel für die Gestaltung derartiger Hinweisschilder finden Sie unter diesem Link (Microsoft-Datei).

 

Diese Einführung ist auf Basis des Textes „Videoüberwachung von Haus und Grund“ des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz entstanden. Für ausführlichere Informationen können Sie unter den folgenden Links recherchieren.

 

Weiterführende Links zu diesem Thema


Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Videoüberwachung von Haus und Grund bei dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz


Mieter*innen-Datenschutz bei der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit


Praxisreihe „Datenschutzbestimmungen praktisch umsetzen“, Nr. 5: Videoüberwachung bei dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein


Videoüberwachung am Arbeitsplatz“ der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Bremen